Sonntag, 17. Januar 2010

Wieder da! Weiter mit dem Moskauabenteuer,

Die Zeit des Wartens ist vorbei. Es geht endlich weiter. Deswegen ohne weiteres Vorgeplänkel ab ins Moskauer Getümmel ...

Freitag, 05.September 2008
Meine Morgenhymne konnte ich heute nicht singen. Ich hatte ein bißchen zu lange geschlafen. Für ein "Добрый день, Москва!" reichte es dennoch. Wir machten uns mit ca. 30minütiger Verspätung (nicht meinetwegen!) in Richtung Tredjakovskij-Galerie auf. Leider verpassten wir so die morgendliche Rush-Hour und ich musste mein Taschentauschspielchen auf später verschieben.
Die Galerie ist toll und herrlich gelegen. Galerien sind für mich ein durchaus schöner Ort. Zugegebenermaßen; mit 90% der Gemälde konnte ich nur wenig bis gar nichts anfangen. Aber in jeder Ausstellung finde ich in der Regel ein oder zwei Exponate, die ich mir gut in meinem eigenen Schlafzimmer vorstellen könnte. Ich war 2004 in einer Ausstellung in Venedig und entdeckte dort mein Lieblingsbild in einer kleinen, dunklen Seitenkammer.
Dieses hier, d.h. mein Lieblingsbild in der Tredjakovskij-Galerie, hieß "Winterlicher Weg" - welch ein Zufall! Ich stellte mich davor in Hab-Acht-Stellung auf und sprach das gleichlautende Gedicht Puskins laut vor. Die ersten beiden Strophen kann ich schon auswendig.
Erwähnenswert ist neben "Winterlicher Weg" und der Ikonensammlung auch das "Wach"personal. In jeder Galerie, die ich bisher besuchte war die Wachmannschaft männlich oder im schlimmsten Falle weiblich-vollemanzipiert. Mit Walkie-Talkie in der Hand laufen Sie gebieterischen Schrittes durch die Hallen und verhaften jeden, der nicht nach einem ernsthaft-interessierten Besucher aussieht. Das Wachpersonal in der Tredjakovskij-Galerie bestand zu 100% aus Frauen über 50. So sehr ich die sowjetisch erzogene weibliche Bevölkerung Russlands fürchte; ich glaube nicht, dass diese Damen ernsthaft Ärger machen könnten. Ich behaupte sogar, ich hätte ohne Zwischenfall "Winterlicher Weg" von der Wand nehmen können und mit dem Bild unter dem Arm geklemmt gemütlich den Rest der Galerie anschauen können. Die Empfangsdame hätte mir es wahrscheinlich noch in Geschenkpapier eingepackt. "Na, Jüngchen, haben Sie sich ein Bildchen rausgesucht? Schön, wollen Sie ein weißes oder rotes Schleifchen? Kommen Sie bald wieder!"
Nachdem ich mir die Galerie komplett angeschaut hatte, trieb ich mich ein wenig in der Nähe des Gebäudes herum. Ich hatte auf dem Weg von der Metro ein Café entdeckt, das ich mit meiner Anwesenheit beehren wollte.
Und jetzt muss ich mich mal aufregen. Ich war nie ein Freund des Anti-Raucher Gesetzes. Aus verschiedenen Gründen. In Moskau allerdings lernte ich das heimische, rauchfreie Deutschland lieben. Es stinkt einfach in jedem Café, jeder Kneipe und auf jedem freien Platz. Außerdem hasse ich mich für meine Rechenunfähigkeit (bezüglich des Umrechnens des Wechselkurses). Für einen Cappucino inklusiver furchtbarer (!!!) Bedienung zahlte ich 160 Rubel. Das sind 4,20 Euro! Und nicht, wie vorher errechnet, 2,20.
Ich verließ das Café schneller, als geplant und setzte mich nahe eines Springbrunnens auf eine Bank. Prompt war ich wieder von Zigarettenrauch umhüllt.

Andererseits wurde mir erneut deutlich, was für unglaublich dumme Vögel Tauben sind. Was wäre Ihr Privileg als Vogel? (Wenn Sie nicht Laufvogel oder Pinguin sind?)
Richtig, Sie könnten fliegen. Die rauchenden Schönheiten neben mir warfen hin und wieder McDonald's Pommes einer Taube zu. Sofort kamen 20 weitere hinzu geflattert und begannen an dem Stück zu reißen. Dabei machten sie die häßlichsten Glucksgeräusche. Je mehr kamen, umso kleiner wurde das Stück.
Mal ehrlich. Wenn ich ein Vogel wäre, würde ich mir das Stück nehmen und dann wegfliegen. Mal ganz zu schweigen davon, dass ich BurgerKing Pommes bevorzuge. Aber immer wenn eine Taube ein Stück Pommes im Schnabel hatte, ließ sie eine andere solange daran herumreißen, bis es weg war.
Und dann kamen die Spatzen, die ich seitdem in mein Herz geschlossen habe. Sie flogen wie Tiefflieger heran, schnappten sich etwas essbares, und flogen weg. Ganz einfach.

Aber was erzähle ich hier? Ich befinde mich in einer der größten Städte der Welt und lasse mich über Tauben und Spatzen aus, und habe noch keinen Mucks darüber verlauten lassen, wie diese Stadt aussieht, was sie beherbergt udn was es alles zu besichtigen gilt.
Das erste, was einem vermutlich auffällt, wenn man in Moskau ankommt ist neben der gewaltigen Größe die gewaltige Größe. Nicht nur die Ausmaße der Stadt selber, auch die Gebäude folgen einem immensen Stil. Angefangen bei unserem Hotel, über den Kazaner Bahnhof, bis hin zur Lomonosov Universität.
Bei der Tredjakovskij Galerie haben wir einen sehr schönen Teil der Stadt entdeckt. Das (große) Galeriegebäude, ein schöner Platz (gewaltigen Ausmaßes) davor mit Bänken und in der Nähe ein sehr nettes Café. In welchselbigen wir uns mit einem Menschenrechtler trafen, dessen Frisur Albert Einstein Konkurrenz gemacht hätte. Ich möchte den Namen des Mannes nicht erwähnen. Seine Arbeit hat leider keinen hohen Stellenwert in der russischen Gesellschaft. Geschweige denn bei der Regierung.
Das Gespräch war sehr interessant. Wir bekamen eine guten Einblick in den Nationalismus und extreme Tendenzen in Russland. Es war ein seltsames Gefühl. Wie, wenn man etwas verbotenes oder unerwünschtes unternimmt. 13 Leute in einem Hinterhofcafé. Als ob wir einen Packt schmiedeten. 13 wackere Gesellen im Kampf gegen Nationalismus und Volksverdummung. Und wenn es auch weniger dramatisch war, als beschrieben, sollte man doch angesichts der professionellen Ausführungen von Memorial und unserem Einsteinmenschenrechtler besorgt in die Zukunft schauen und sich überlegen, wie man seinen Teil dazu beitragen kann, gegen diese Art der Intoleranz vorzugehen.
Nach dem Gespräch ging jeder mehr oder weniger seiner Wege.

Und hier werde ich das nächste Mal ansetzen. Es ist viel zu lesen und noch viel mehr zu schreiben.
Bis zum nächsten Mal.

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