Freitag, 9. Oktober 2009

Straßenüberquerung und Kreml

Es folgen ein paar Sätze zum gestrigen Abend:

Mittwoch, 03.September 2008.


Nachdem wir eingecheckt und unsere Zimmer ausgecheckt waren, trafen wir uns, um gemeinsam zu Abend zu essen. Wir planten dieses Vorhaben in einem Restaurant in der Nähe des Hotels durchzuführen. Auf dem Weg dorthin mussten wir zwei Straßen überqueren, was angesichts der Beschaffenheit der Straßen kein Problem gewesen wäre. Als Problem entpuppte sich jedoch der Verkehr. Und das gilt für Moskau allgemein. Zwar gabe es zwei Zebrastreifen, aber diese werden ausschließlich von Fußgängern entdeckt, benutzt und vor allem beachtet. Um in Moskau von einer Straßenseite auf die andere zu kommen folgt man den folgenden Anweisungen (sofern keine Unterführung aufzustöbern ist):
1) Rufen Sie die Leute an, die ihnen lieb sind und machen Sie sie darauf aufmerksam, dass die Möglichkeit bestünde, dass Sie in Kürze nicht mehr sind.
2) Erkundigen Sie sich bei ihrer Lebensversicherung über die Konditionen im Falle eines unfreiwilligen Ablebens.
3) Senden Sie ein Stoßgebet gen Himmel.
4) Stellen sie sich auf die Straße. Aber höchstens einen halben Schritt vom Trottoir entfernt. Es folgen drei Möglichkeiten:
a) Sie werden von einem vorher nicht sichtbaren Auto überrollt.
b) Sie werden von einem vorher sichtbaren Auto überrollt.
c) Sie überleben.

Falls "c" eintrifft, lesen Sie weiter. (Lesen Sie auch so weiter, bitte!)

5) Warten Sie eine Lücke im Verkehr ab, die ungefähr so groß ist wie eine in Deutschland, bei der Sie ihr Kind erschrocken am Arm packen würden, weil es gerade los laufen wollte.
6) Laufen Sie los, und was immer Sie tun, bleiben Sie nicht stehen!

Wie dem auch sei. Nach erfolgreicher Straßenüberquerung und Rückkehr ins Hotel trafen wir uns zu einem geselligen Beisammensein, bei dem es weder an Wodka noch an lustigen Geschichten fehlte. Später kam sogar noch Frank dazu und das Ganzen nahm außergewöhnlich angenehme Züge an, wenn man bedenkt, dass wir in einem Land waren, in dem heutzutage Menschen willkürlich weggesperrt und/oder erschossen werden.

Doch nun zum Tagesverlauf. Wer verwirrt ist (Ich musste gerade mehrmals lesen und scharf nachdenken, um herauszufinden, über welchen Tag ich gerade geschrieben habe), dem sei gesagt:
Der Rückblick (Straßenüberquerung, Restaurant und Wodkabeisammensein) bezieht sich auf den Abend des 2. September, sprich Dienstag. Nun folgt der Tagesablauf des 3. Septembers, Mittwochs.

Nach dem Frühstück ging es auf in die Stadt. Moskau wartete auf uns. Moskau! (In meinem handgeschriebenen Tagebuch finde ich den Hinweis: Schreib was zur Geschichte der Stadt! Bitte nehmt es mir nicht übel, wenn ich mich jetzt nicht weiter zur Historie äußere. Die Zeit fehlt mir einfach.)
Auf dem Programm stand eine Stadtführung. Ich grübelte ein wenig über diese Idee, denn eine Stadt mit mehr als 10 Millionen Einwohnern ließe sich bestimmt nicht innerhalb nur eines Tages erlaufen. Ich sollte glücklicherweise Recht behalten.
Wir trafen unsere Fremdenführerin - nennen wir sie spaßenshalber Ewa - an den Toren des Kremls. Sie riet uns Rucksäcke und ähnliche, potentielle Sprengstoffherbergende Gerätschaften in der dafür vorgesehenen Rezeption zu verstauen. Mißmutig trennte ich mich erst von meinem Rucksack (Ich hatte ihm den Kreml quasi versprochen) und dann von meinem Geld.
Die Kremlführung war großartig!

Ich denke, dass sie es war. Leider steht jetzt in meinem Tagebuch folgendes:
-Schatzkammer
-Waffenkammer (verbranntes Kettenhemd)
-Kloster(Platz) + Pause
-Glocke (6m hoch) + Kanone (auf Kreml)
-ich zu Susanne: wenn ich Präs. wäre
-Kreml raus: Rucksäcke, Alexandergarten, Versuch auf Roten Platz zu gelangen
-Lenin und Niko/Stalin (Hitler)
-Basilika + Tschüß
-Frank + Susanne -> Alte Zeiten
-sehr schön (Russe, der 2 Zigaretten wollte)
-Metro, bot. Garten, Eintritt zurück
-Supermarkt, Döner = nette Frau
-Zimmer, Politik, Hitler ... Antifa
-Bett + Gute Nacht!

Ja. Ich sitze genauso da, wie ihr. Ich habe keine Ahnung, was ich mir da sagen wollte. Sehr interessant finde ich: "sehr schön (Russe, der 2 Zigaretten wollte).
Haben wir einen schönen Russen getroffen, der zwei Zigaretten wollte? Haben wir sie ihm gegeben? Warum erwähne ich das? War er SO schön? ...
Ich sitze hier mit geschürzten Lippen und zusammengekniffenen Augen und versuche mich zu erinnern. Was für ein verbranntes Kettenehemd meine ich?
Ich erinnere mich an einen Garten (den Alexandergarten) und weiß auch noch, dass er sehr schön war. Aber alles andere? Wieso erinnere ich mich nicht so genau?
Vielleicht haben wir getrunken. Vielleicht haben wir im Kreml eine Gehirnwäsche bekommen oder wurden á la Men In Black geblitzdingst. Wahrscheinlicher aber ist, dass ich von der Miliz verprügelt wurde. Diese Burschen waren mir von Anfang an suspekt.

Nun, ich werde wohl den Kreml Kreml sein lassen müssen und zum nächsten Tag übergehen.
Dann berichte ich vom Sacharov Haus und wie man im Gedränge der U-Bahn keine Langeweile bekommt.

Keine Kommentare: