Freitag, 11. September 2009

Moskau 2 - Fahrt zum Flughafen und Flug (1)

Hallo! Ja, ich weiß. Das waren keine 2 Tage - das waren definitiv mehr. Aber hey, ich war in Montréal und weiß der Geier wo. Also keine Beschwerden, lesen!

Dienstag, 02. September 2008.
Karlruhe-Durlach, Stuttgart Flughafen.

Karlsruhe-Durlach. Verdammte Scheiße. Es ist 06:17 Uhr am Morgen und ich sitze im Zug irgendwo in der kargen Einöde zwischen dem verschlafenen Städtchen Durlach und der Smog verhangenen Großstadt Stuttgart. Mein Gepäck: Ein alter abgegriffener Rucksack an dem lustlos zwei Wanderschuhe hängen, die ihre besten Tage längst hinter sich haben. Mit mir im Zug eine handvoll verirrter Gestalten; Nachtschwärmer, vergessene Geliebte und Geschäftsmänner, die an diesem grau beginnenden Tag verzweifelt versuchen werden ihre bankrott zu gehen drohenden Firmen vor dem Finanztod zu retten.
Vor einer Stunde bin ich aufgestanden, habe den Wecker, der mich mit seinem Fiepen brutal aus einem unruhigen Schlaf gerissen hat zuerst ausgeschaltet und dann verflucht. Lustlos schob ich mir zwei Scheiben Toast zwischen die müden Kiefer und musste fassungslos feststellen, dass mir meine Brüder beim Online Fußball Manager um Längen enteilt waren. Und das am dritten Spieltag.


Womit wir bei den schönen Dingen des Tages wären: (Natürlich ist das eine sinnlose Überleitung, aber irgendwie muss ich ja zum schönen Teil kommen)

Es ist 06:17 Uhr am Morgen und ich sitze im Zug irgendwo in dem beschaulichen Landstrich zwischen dem märchenhaften Örtchen Durlach und der pulsierenden Weltmetropole Stuttgart. Der Stadt, die den nächstgelegenen größeren Flughafen beherbergt. Mein Gepäck: Zwei lustig an einem gut betagten Reiserucksack bammelnde Wanderschuhe, freudig erregt, eine der größten Städte der Welt zu erlaufen: Moskau. Mein Rucksack darf auf diese Weise auch noch einen „Exot“ in seine Liste mit aufnehmen, bevor er wegen Altersüberschreitung seine letzten Jahre als Wäschetransportrucksack abdienen kann.
Mit mir im Zug warten Reisende ebenso wie ich darauf, was der noch so junge Tag bringen mag. Mein Wecker meldete mir vor einer Stunde den Start in ein Abenteuer an, welches verspricht aufregend zu werden. Nun denn, harren wir der Dinge, die da kommen.

09:00 Uhr. Ich sitze im Flugzeug.
Am Bahnhof stand ich nahe der Rolltreppe, als meine Mitreisenden aus Heidelberg eintrafen. Gelaunt, wie man es nach einer kurzen Nacht nun einmal ist begrüßten wir uns und machten uns auf den Weg Richtung Flughafen. Frank (Dozent des Seminars, auf dessen Basis wir diese Exkursion starteten) erheiterte uns mit ein paar abenteuerlichen Flugzeug -und Reiseberichten aus seiner Zeit in Rußland. Pardon. Der Sowjetunion.
Wusstet ihr, dass es einfacher ist aus Stuttgart nach Ankara zu kommen, als nach Mannheim? In den 40 Minuten, die ich am Flughafen verbrachte hätte ich die Möglichkeit wahrnehmen können ganze drei Mal in die türkische Hauptstadt zu fliegen. Und wenn ich verdammt fix gewesen wäre, hätte ich die gleiche Reise im Abstand von nur fünf Minuten unternehmen können.
Da ich aber lieber Zug fahre, hätte ich wohl eher einen der beiden Züge bestiegen, die täglich Richtung Ankara aufbrechen.
Nach Mannheim stellt sich die Verbindung schon etwas komplizierter dar. Aber warum wollte ein Schwabe auch nach Baden. Und, unter uns, Türken gibt es auch in Ankara.

Wie dem auch sei. Nun sitze ich im Flieger nach Moskau (ob es da auch Türken gibt?) und genieße überteuerten aber nicht zu verachtenden Kaffee und versuche meine Russischkenntnisse ein wenig mit Puškins Gedichten aufzubessern. Eine Strophe des Gedichtes „Winterlicher Weg“ kann ich schon auswendig: Сквозь волнистые туманы …
Mein Sitznachbar bietet mir an, auf einem kleinen Ipod oder wie auch immer man diese Dinger nennt einen Film mit ihm zu schauen. Sehr nett, aber ich lehne ab: Einen Knopf links im Ohr mit Filmdialogen und die Lautsprecherdurchsagen des Kapitäns im rechten – das mag ich nicht so sehr.
Nett: Der Pilot gibt die Reiseroute durch: Von Stuttgart geht es nach Nürnberg, südlich an Dresden vorbei und dann Richtung Warschau. In Gedanken stimme ich die polnische Nationalhymne an. Leider kann ich noch nicht den ganzen Text auswendig, weshalb ich stattdessen munter ein polnisches Geburtstagslied vor mich her trällere.
„Schaderweise“ sitzt Agnieszka, unsere polnische Kommilitonin zu weit entfernt, als dass sie mich hören würde. Und über die Köpfe von 20 grimmigen Russen hinweg möchte ich keine polnischen Weisen schmettern. Von Warschau ist nicht viel zu sehen. Quiz: Warum?
a) Weil es nach 1945 nicht wieder aufgebaut wurde
b) Weil es jetzt „Warsinka“ heißt und somit eindeutig russischen Charakter hat
c) Der vielen Wolken wegen

Meine beiden Sitznachbarn sind eingeschlafen (der Film wird wohl nicht so berauschend gewesen sein) und ich widme mich wieder meinem Gedicht.
Nebenbei möchte ich glücklich bemerken, dass ich erst zum zweiten Mal auf einem Flug die Gangreihe zugelost bekommen habe. Zwar hängen mir alle paar Minuten die Vorder -und Rückseiten verschiedenerartiger Menschen ins Gesicht (groß, klein, beleibt, bebust, wohlriechend und weniger wohlriechend) und ein ums andere Mal entgehe ich nur knapp heißen Kaffeeattacken (3 Doppelkonsonanten/vokale!!!), aber dafür habe ich Beinfreiheit und kann aufstehen wann immer ich will. Dafür nehme ich auch verschiedenste bammelnde Menschenteile in Kauf.


Nächstes Mal:
Die Herrausforderungen des korrekten Ausfüllens von Einreiseformularen und meine Ankunft in Moskau.

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