Dienstag, 2. Juni 2009

Von Zahlen oder was man ohne Laptop alles anstellen kann

Hallo!
Wie ihr mittlerweile wisst, bin ich total mittel - weil Laptoplos. Dass ich dennoch die Gelegenheit habe an meinem eigenen Küchentisch zu sitzen und diese Zeilen zu Papier - oder Speicherzellen - bringen kann ist ein äußerst glücklicher Umstand, für den ich sehr dankbar bin. Karl, im vorigen Blog erwähnter Freund von mir, hat mir für die Zeit seines Aufenthalts in Wien seinen Laptop hier gelassen. Und das ist eigentlich auch irgendwie unfassbar.
Aber ich muss aufpassen! Um mich herum sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Zumindest wie auf einem aus einem Film. So, wie wenn der Nebel kommt, und man nicht weiter als die eigene Hand sehen kann. So, wie wenn auf dem Boden vor einem lauter Unrat liegt, den man kuriosererweise nicht identifizieren kann.
Der Nebel in meinem Fall ist Mehl, und der Unrat ... nun ja, eben undefinierbar. Mehl deswegen, weil ich in den letzten zwei Tagen zum Bäckermeister, ach was lüg ich denn da, Bäckerdiktator aufgestiegen bin. Ich backe nämlich gerade Brot, und heute nachmittag habe ich in Zusammenarbeit mit Karl und dessen Freundin Pierogi gebacken.
"Halt halt halt", höre ich da aus erstaunten Kehlen, "Du bäckst Brot? Ich meine: Du BÄCKST? Hast du denn soviel Zeit?"

Japp, die habe ich. Und zwar einzig und allein deswegen, weil mein Computer flöten gegangen ist.
Es ist unglaublich, wieviel Zeit der PC klaut. Oder irgend ein Medium generell. - Das kann ich ja sagen, weil ich auch keinen Fernseher und kein Radio besitze. (JETZT müsste die GEZ mal kommen, das wäre ein Show! "Sooo, zeigen sie mal Ihren Laptop. Nein, nicht Ihre Schoßspitze, die ist mir egal. ... Wie? Ach so. Na gut, wo haben Sie ihren Fernseher versteckt? ... Haben Sie auch nicht, aha. Und ein Radio? ... Auch nicht? ... . Handy? Wie, nur ein polnisches? Ohje ... . Sagen Sie, kann ich etwas für Sie tun?" Ich glaube, dass die mir am Ende sogar etwas spendieren würden.)
Wo war ich?
Bei den Medien! (Klar -> GEZ!) Nun ja. Mein Punkt ist: Ich werde durch nichts abgelenkt. Keine Spiegel.de Seite, die ich alle 5 Minuten (dumm!!!) nach Katastrophenneuigkeiten durchsuchen muss, kein NBA.com, um über laufende Transfers auf dem neuesten Stand zu sein (die transferieren doch auch ohne mich!) und kein reinhard-mey.de, um zu gucken, wann denn endlich das neue Notenbuch herauskommt. (Das kommt ganz sicher irgendwann!)
Kein Fernseher, der absolut unnötige Nachrichten über noch unnötigere Promis bringt, kein Radio, das ... . Ok, das fehlt. Und Musik fehlt auch. Und die Möglichkeit meinen Freunden eine liebe Mail zu schicken, wenn ich mich danach fühle, auch. Und die einfache Tatsache, dass ich zum Handy greifen muss, um mit Melissa zu telefonieren schützt auch nicht gerade mein Geld.
Also für gewisse Dinge würde ich Abstriche machen.

Aber es bleibt dabei: Ich habe mehr vom Tag. Ich habe Stadtteile gesehen, von denen ich dachte, dass es sie nur in Utonelop gäbe (Utonelop ist mein Idealland für Polen. Polen - Nelop. + Uto für Utopie -> Ich denke, dass das klar ist. Es sollte auch bald ein Blog darüber folgen.) Und vor allem kann ich mein Augenmerk auch wieder auf die Dinge richten, die Polen eben doch irgendwie unterscheiden von ... von ... ich will nicht von einem "normal-zivilisierten Land" sagen, dass wäre ungerecht, aber ... es geht in diese Richtung.

Ich habe in dieser Woche beispielsweise (Achtung, wir nähren uns dem ersten Titel) Bekanntschaft der unfreiwilligen Art mit abstrus langen Zahlenfolgen gemacht. Meine Abneigung gegenüber Zahlen sei zunächst als gegeben vorausgesetzt.
Die erste Bekanntschaft war die Kontonummer meiner Vermieterin. Selbst wenn ich diese hier veröffentlichen wollte, könnte ich es nicht. Sie ist ganz schlicht und einfach zu lang. 26 unfassbare Stellen! Bevor ich aber weiter darauf eingehe, folgen die anderen beiden Begegnungen.
Bekanntschaft Nummer zwei schloss ich im Supermarkt. Ein jeder kennt sie, und sie scheinen deswegen relativ unspektakulär: Die Barcodes. Allerdings würde ich sie hier nicht erwähnen, hätten sie nicht ihren Einfluss auf mich gehabt.
Die dritte und letzte Liebschaft habe ich mit den Zahlencodes geschlossen, die man ins Handy eintippen muss, um sein Konto freizuschalten.

Mit diesen möchte ich auch beginnen. Wenn man, so wie ich, ein Handy hat, dass mit Geldkarten aufgeladen werden muss, dann muss man sich zunächst die Frage nach dem WO stellen. Wo um Himmels willen finde ich einen Laden, der mir die für meinen Anbieter passende Karte verkaufen kann. Diese Läden sind nämlich eher winzig und versteckt. Hat man einen gefunden, kann man zwischen 5, 10, 25 und 50 Zloty entscheiden. Je nachdem, wie viel man telefoniert. Das finde ich toll. Was ich nicht toll finde, ist die Art und Weise, wie man das Handy auflädt. Man muss seinen Anfangscode kennen (von der netten Verkäuferin zugebläkt bekommen: Stern, 123, Stern! Verpiss dich! - Kunde König? Das gibt es nur in Utonelop) und dann den Code eintippen. Dieser aber hat nicht weniger als 14 Stellen!, was heißt, dass man sich theoretisch 14 mal auf dem Weg zur letzten Ziffer vertippen könnte.
Insgesamt habe ich aber nur 10 Minuten in der Sonne mit tippen, schwitzen und fluchen zugebracht. Echt, es muss doch irgendwie einfacher gehen.

Die Barcodes hingegen fordern nicht nur die Geduld eines Einzelnen, sondern die einer ganzen Supermarktschlange, im schlimmsten Fall auch zusätzlich die der anderen Kassierer und der Geschäftsleitung heraus. Ich hatte mich für eine Schachtel Nektarinen entschieden. Ich hatte unter 20 auch eine ohne verschimmelte Exemplare entdeckt. Das dumme nur war, dass ich Depperle nicht geprüft hatte, ob denn der Barcode auch lesbar war. Und das heißt nicht nur für die Maschine lesbar, nein, auch für die Kassiererin. Denn gewohnheitsgemäß wird jeder zweite Artikel hier per Hand eingetippt. Ich nehme an, dass sie das tun, um ihre Tippfähigkeit für die Handycodes zu üben (und ich Idiot habe 10 Minuten gebraucht!).
Meine Nektarinenschachtel war aber leider unlesbar. Für Mensch und Maschine. Seien wir uns bewusst: Auch so ein Barcode hat seine 13 Stellen. Nachdem Masia - so der Name der guten Frau - mehrmals mit immer verzerrterem Gesicht versucht hatte die richtige Reihenfolge zu finden, rief sie schliesslich ihre Kollegin - Basia - zu Hilfe. Auch Basia prüfte eigenhändig die richtige, bzw. falsche Folge der Ziffern. Währenddessen machte ich mich mit den Wartenden hinter mir bekannt.
Basia hatte leider auch kein Heilmittel, und sie sahen mich beide mit diesem: Musst-du-das-wirklich-kaufen? Blick an.
Ich musste natürlich nicht, aber ich wollte ja sehen, wie es weiterging. Also bejahte ich freundlich lächelnd.
Basia und Masia berieten und holten Asia, die beinahe den Leiter angerufen hätte, wäre nicht Kasia ihr in den Arm gefallen.
Zwei der Wartenden hinter mir kamen aus Australien!
Kasia hatte eine Idee: Sie würde eine zweite Nektarinenschachtel holen. Basia jedoch meinte leise flüsternd, dass es doch fast nur verschimmelte gäbe, und dass diese vielleicht die Kundschaft vergraulten. Masia trank Tee und bewunderte die immer länger werdende Schlange an ihrer Kasse.
Ich angelte behände ein paar Schokoriegel von der Kasse und verteilte sie großzügig an meine Kollegen hinter mir.
Nachdem sich in den munteren Plausch auch zwei Sicherheitsmänner, eine alte Dame ohne weitere Relevanz sowie der stellvertretende Leiter des Supermarktes eingeschaltet hatten, beschloss ich dem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten. Ich verabschiedete mich höflich von den Australiern hinter mir und ging ohne Einkäufe hinaus.
Manchmal ist mir das eben einfach alles zu blöd.

Aber die Kontonummer ist der Gipfel! 26 STELLEN! 26!!!
Betrachten wir das Problem mal genauer: Polen hat sagen wir 40.000.000 Einwohner. Nehmen wir fairnesshalber an, dass jeder Pole ein Konto haben darf. Das wären 40 Millionen Konten. Weiter hieße dass, dass wir 40 Millionen verschiedene Kontonummern bräuchten.
Es gibt indes zehn Ziffern. 0,1,2,3,4...naja die üblichen eben. 0 bis 9. Zehn Ziffern, 40 Millionen benötigte unterschiedliche Kontonummern. Ist ja klar. Lech Kaczyinski möchte sicher nicht die selbe Kontonummer wie Jacek Kowalski. (pln. Klaus Müller). Zurück zur Kontonummer. 26 verschiedene Stellen, bei 10 möglichen Ziffern, das ergibt nach meiner Rechnung (und hier MUSS ich berichtigt werden, falls ich falsch liege) schlappe 3670344486987776 mögliche Konten. Einfacher: 3.670.344.486.987.776.
Nicht nur dass diese Zahl unfassbar ist. Nein, sie übersteigt auch um mehr als ein 6 Millionenfaches die derzeitige Zahl der Erdenbewohner.
Das lässt nur einen Schluss zu:
Die Polen wollen die Welt erobern!

Gut, jetzt ist das wieder so viel geworden, ach das tut mir so leid, weil es es ja doch keiner ganz zu Ende liest. Aber ich gelobe Besserung, und werde auch ein paar Bilder einfügen. Spätestens am Wochenende. Und über Utonelop muss ich auch noch schreiben.
Außerdem bin ich auf eine Tasse Kaffee nach Australien eingeladen worden. Vielleicht mach ich das. Ich habe ja jetzt Zeit.

2 Kommentare:

Daniel hat gesagt…

Ich habs zuende gelesen :) und ich hab mich sehr sehr sehr und noch herrlichster amüsiert :). falls du nach australien kommst bringst du mir den keks mit wenn du ihn zum kaffee nicht magst? :( grüsschen

Nora hat gesagt…

Also zu deiner Beruhigung: Ich les alle deine Einträge bis zum Schluss und freu mich immer wieder.

Aber ne Kleinigkeit hab ich ja zu bemängeln: Hast tatsächlich nen Rechenfehler drin (denk ich jedenfalls) in deiner Kontonummernproblematik. Ich bin der Meinung es gibt 10hoch26 Möglichkeiten, d.h. 100.000.000.000.000.000.000.000.000! Also erobert Polen nicht nur die Menschenwelt, sondern scheinbar auch die Tierwelt...