Mittwoch, 22. Oktober 2008

Angekommen

Ich mag Polen. Doch. Oder vielleicht mag ich Breslau. Nein, ich mag Breslau ganz sicher. Aber nur weil ich Breslau ein bißchen besser kenne, muss das nicht heißen, dass der Rest Polens genauso wie Breslau tickt. Ich habe mir jedoch sagen lassen, dass Polen sehr schön ist. Also doch: Ich mag Polen. Polen hat das seltsamste Staatsoberhaupt Europas. Lech Kacziński hat, sagen wir es neutral, eine launische Natur. Er schrie eine Journalistin an, die so ungeschickt war und eine relativ unbequeme Frage gestellt hat, drohte ihr mit Jobentzug und dergleichen aufmunternden Aussichten. Zwei Stunden später schickte er ihr zur Versöhnung elf rote Rosen. Toll.
Polen können ohne Absperrung und Bauauto einen Bürgersteig abriegeln und keinen stört es. In Polen kann ohne Vorankündigung der Wasserhahn in meinem Studentwohnheimszimmer austauschen und entgegen aller Vorurteile stehen PC, Handy und Gitarre noch an Ort und Stelle. In Polen gibt es grandioses Essen. Polen haben ein schönes Wort, mit dem all das beschrieben wird, dass totaler Mist ist, sich aber nicht ändern lässt: Trudno. (Im Wörterbuch: Schwer. – Im Leben: Pfff, was soll man da machen? Passiert. Mal gucken wie es weiter geht.)
Kurz: Es gefällt mir hier sehr gut.
Gestern (Dienstag, 21.10) war es so warm, dass ich fünf Stunden an der Oder gesessen und „God’s Playground“ gelesen habe. Ein Buch über die polnische Geschichte. Sehr interessant.
Ich lese es für meinen Geschichtskurs. „History of Poland“. Der Dozent ist ein recht langsamer Zeitgenosse und mit der polnischen Gabe des Sarkasmus gesegnet. Heute durfte ein Russe die Gebiete an der Karte zeigen, die im Zuge der Teilungen Polens an das russische Reich gingen, eine Deutsche die preußischen Grenzen hervorheben, und ein Österreicher die österreich-ungarischen. Ein paar weitere weniger erbauliche Kommentare über Erasmusstudenten gaben uns Einblick in seinen wahren Charakter.
Des Weiteren habe ich einen Kurs, der „Deutsch-Polnische Beziehungen“ hei´ßt und von dem konkreten Pendant von erst genanntem Dozenten geleitet wird. Wirklich ein beeindruckender Mann, der fehlerlos Deutsch spricht. Respekt. Das Ganze wird von einer Vorlesung auf Polnisch abgerundet. Allerdings weiß ich noch nicht, ob und wie ich dafür die benötigten Punkte bekomme. Trudno.

Mittlerweile war ich schon drei Mal bei Melissa in Berlin und habe bei der Gelegenheit auch meine Großeltern besuchen können. Außerdem war ich bei einem Reinhard Mey Konzert. Es hat geklappt, und es war so schön! Melissa hat mich am Wochenende hier besucht und wir haben ein wenig Stadtentdeckung gespielt. Jetzt ist sie erstmal wieder in Berlin. Wir werden uns aber sicher bald wieder sehen. Wir wissen nur noch nicht genau wann. Trudno.

Ich bin ein bißchen enttäuscht darüber, dass sich bislang kaum Möglichkeiten ergeben haben Polnisch zu sprechen. Außer im Kurs und im Supermarkt spreche ich kein Polnisch. Ich habe mich mal um einen Tandempartner bemüht und werde wohl morgen zu einem Basketballtraining gehen. Trudno.

Ich habe Nachricht von meiner Theaterleiterin bekommen, dass die Termine für die nächste „IrmaLaDouce“ Aufführung fest stünden. Das ist natürlich sehr schön, und ich freue mich darauf. Nix trudno.

So, ich denke soweit, so gut. Zu guter letzt noch ein Bild, dass ich am Montag Abend nach dem Polnischkurs gemacht habe.
Bis bald!
Robert